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OLG Hamm – Eine Abnahme „unter Vorbehalt“ gibt es nicht

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(c) Rainer Sturm / Pixelio

R.Sturm/Pixelio

Für die Lieferung und den Einbau von Fenstern in einem Einfamilienhaus verlangte die ausführende Firma den Werklohn. Der Auftraggeber weigerte sich zu zahlen, da ihm wegen nicht beseitigter Mängel ein Zurückbehaltungsrecht zustehe und die Rechnung damit nicht fällig sei. Außerdem rechne er mit seinen Mängelbeseitigungskosten und Schadensersatzansprüche auf. Nach Fertigstellung der Arbeiten hatte der Auftraggeber allerdings ein Abnahmeprotokoll, welches einige Mängel aufzählte, unterschrieben, mit dem Zusatz „unter Vorbehalt“. Das war ein Fehler.

Die Firma klagte auf Zahlung vor dem Landgericht Essen. Ein Sachverständigengutachten ergab, dass die Mängel tatsächlich vorhanden waren. Das Landgericht vertrat die Auffassung, der Auftraggeber habe mit dem Abnahmeprotokoll nur die Ausführung von Arbeiten bestätigt, die Leistung aber nicht abgenommen. Auf die eingelegte Berufung hob das Oberlandesgericht Hamm diese Entscheidung auf , sprach der Firma den vollständigen Werklohn zu und verwies die Sache an das Landgericht zurück, um dort zu klären, ob Mangelbeseitigungskosten und Schadenersatzansprüche bestehen, die der Werklohnforderung entgegenstehen.

Aus den Gründen:

Der Anspruch ist (…) gemäß § 641 Abs. 1 BGB fällig, weil der Beklagte die Leistung der Klägerin entgegen der Auffassung des Landgerichts abgenommen hat. Die Abnahme liegt in der Unterzeichnung des Formulars, welches ausdrücklich als „Abnahmeprotokoll“ bezeichnet war, (…).

Der über der Unterschrift angebrachte Zusatz „unter Vorbehalt“ steht dem nicht entgegen. Aus der Sicht eines objektiven Erklärungsempfängers kann dieser Zusatz nicht so verstanden werden, dass der Beklagte seiner Unterschrift überhaupt keine rechtsverbindliche Wirkung zukommen lassen wollte. Auch speziell die Abnahmewirkung hindert der „Vorbehalt“ nicht. Vielmehr ist er bei sachgerechter Gesamtwürdigung des Dokuments – außer ggf. auf erst künftig zutage tretenden Mängeln – auf diejenigen Beanstandungen zu beziehen, die unter der Rubrik „Bemerkungen“ eingetragen worden sind. Es handelt sich daher um einen Mängelvorbehalt, wie ihn das Gesetz in § 640 Abs. 2 BGB bei einer Abnahme ausdrücklich vorsieht. Die Abnahmewirkung als solche hindert er nicht, weil hierfür die Hinnahme des Werkes als im Wesentlichen vertragsgerecht ausreicht.

Diese Hinnahme als im Wesentlichen vertragsgerecht ist dem Protokoll insgesamt zu entnehmen. Unabhängig von dem Gewicht der unter „Bemerkungen“ eingetragenen Mängelrügen folgt das daraus, dass sämtliche Beanstandungen (…) jeweils mit dem ausdrücklichen Zusatz „Preisnachlass“ versehen sind. Der Beklagte hat damit zum Ausdruck gebracht, dass er (zum damaligen Zeitpunkt) keine weiteren Tätigkeiten der Klägerin zur Erzielung eines vertragsgerechten Zustandes mehr wünschte, sondern sich mit einer finanziellen Abgeltung der Beanstandungen begnügen wollte. (…)

OLG Hamm, Grundurteil vom 30.10.2007, Az: 21 U 34/07 (www.justiz.nrw.de)
Vorinstanz: Landgericht Essen, Urteil vom 26.01.2007, Az: 17 O 310/05

Praxisrelevanz:

Wenn Mängel vorhanden sind, die noch zu beseitigen sind, sollte man sich demnach hüten, ein Abnahmeprotokoll zu unterzeichnen. Im Abnahmeprotokoll festgehaltene Mängel, noch dazu mit dem knappen Vermerk „unter Vorbehalt” führen im Ergebnis nur dazu, dass man die entsprechenden Gewährleistungsansprüche geltend machen kann, das Werk im Übrigen aber als vertragsgerecht abnimmt (§ 60 BGB). Mit der „vorbehaltlichen“ Abnahme wird nicht die Abnahme selbst vorbehalten, sondern nur die Geltendmachung von Rechten wegen vorhandener Mängel (§ 634 BGB).

§ 640 BGB regelt die Abnahme und in Abs. 2 die Möglichkeit sich Mängelrechte vorzubehalten:

Nimmt der Besteller ein mangelhaftes Werk gemäß Absatz 1 Satz 1 ab, obschon er den Mangel kennt, so stehen ihm die in § 634 Nr. 1 bis 3 bezeichneten Rechte nur zu, wenn er sich seine Rechte wegen des Mangels bei der Abnahme vorbehält.

§ 634 BGB gibt dem Auftraggeber bei Vorhandensein von Mängeln folgende Möglichkeiten:

Ist das Werk mangelhaft, kann der Besteller, wenn die Voraussetzungen der folgenden Vorschriften vorliegen und soweit nicht ein anderes bestimmt ist,

  1. nach § 635 Nacherfüllung verlangen, 2. nach § 637 den Mangel selbst beseitigen und Ersatz der erforderlichen Aufwendungen verlangen,
  2. nach den §§ 636, 323 und 326 Abs. 5 von dem Vertrag zurücktreten oder nach § 638 die Vergütung mindern und
  3. nach den §§ 636, 280, 281, 283 und 311a Schadensersatz oder nach § 284 Ersatz vergeblicher Aufwendungen verlangen.


§ 641 BGB regelt die Fälligkeit der Vergütung, die mit Abnahme eintritt. SInd Mängel vorhanden, kann auch nach Abnahme ein angemessener Teil der Vergütung einbehalten werden:

Abs. 1 Die Vergütung ist bei der Abnahme des Werkes zu entrichten. Ist das Werk in Teilen abzunehmen und die Vergütung für die einzelnen Teile bestimmt, so ist die Vergütung für jeden Teil bei dessen Abnahme zu entrichten.

Abs. 2 Kann der Besteller die Beseitigung eines Mangels verlangen, so kann er nach der Abnahme die Zahlung eines angemessenen Teils der Vergütung verweigern, mindestens in Höhe des Dreifachen der für die Beseitigung des Mangels erforderlichen Kosten.


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